- Voß
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Vọß[f-], mecklenburgisches Uradelsgeschlecht, dessen Stammreihe mit Johannes Vulpes (Fuchs) 1253 beginnt und dessen gräfliche Zweige (1800 und 1840 preußische Grafenstand) im Mannesstamm erloschen sind. - Bedeutende Vertreterinnen:1) Julie von, eigentlich Elisabeth Amalie von Voß, * Buch (heute zu Berlin) 24. 7. 1766, ✝ Berlin 25. 3. 1789, Nichte von 2); heiratete 1787 in morganatischer Ehe den preußischen König Friedrich Wilhelm II., der sie zur Gräfin von Ingenheim erhob.2) Sophie Marie Gräfin (seit 1800) von, geboren von Pạnnewitz, * Schönfließ (bei Oranienburg) 11. 3. 1729, ✝ Berlin 31. 12. 1814, Tante von 1); war Hofdame der preußischen Königin Elisabeth Christine, der Frau Friedrichs II., des Großen, wurde 1793 Oberhofmeisterin der Kronprinzessin und späteren Königin Luise. Sie schrieb die 1876 veröffentlichten Tagebücher »Neunundsechzig Jahre am Preußischen Hofe«.Vọß[f-],1) Johann Heinrich, Schriftsteller, * Sommerstorf (heute zu Grabowhöfe, Landkreis Müritz) 20. 2. 1751, ✝ Heidelberg 29. 3. 1826; aus einfachen Verhältnissen - einer ehemaligen leibeigenen Familie - stammend; nach Schulbesuchen in Penzlin und Neubrandenburg 1769-72 Hauslehrer in Ankershagen, danach Studium, zunächst der Theologie, dann der Philologie und Philosophie in Göttingen; Bekanntschaft mit H. C. Boie, L. C. H. Hölty und M. Claudius; 1772 Mitbegründer des »Göttinger Hains«; 1775 als Herausgeber des »Göttinger Musenalmanachs« in Wandsbek, wo er 1777 Boies Schwester Ernestine heiratete. 1778 Rektor in Otterndorf, dann, durch Vermittlung seines Freundes F. L. Graf zu Stolberg-Stolberg, mit dem er sich später überwarf, Leiter der Lateinschule in Eutin. 1802-05 Privatgelehrter in Jena, ab 1805 in Heidelberg, wo er wegen seines Festhaltens an einem starren Klassizismus in heftigen Konflikt mit den Protagonisten der Heidelberger Romantik kam. Voß schrieb zunächst Lyrik unter dem Einfluss F. G. Klopstocks und J. G. Herders, dann Idyllen (»Luise«, 1795). Diese zum Teil in niederdeutscher Mundart geschriebenen lyrisch-epischen Dichtungen verbinden inniges Naturgefühl, breit angelegte Landschaftsschilderungen und behaglich ausgemalte Szenen des bürgerlichen Lebens mit gelehrter Bildung, aufgeklärtem Protestantismus und sozialkritischen Tendenzen. Einen deutlich anderen Ton schlägt Voß in seinen Polemiken an, so gegen den Übertritt Stolberg-Stolbergs zum Katholizismus (»Wie ward Fritz Stolberg zum Unfreien?«; in: Sophronizon, Band 1, 1819). Bleibendes schuf Voß durch die Übersetzungen: Mit seinen Nachdichtungen von Homer, Ovid, Vergil, Horaz, Hesiod und Aristophanes erschloss er seiner Zeit ein neues Verhältnis zur Antike.Ausgaben: Sämtliche Gedichte, 6 Bände (1802, Nachdruck 1969); Sämtliche poetische Werke, 5 Bände (Neuausgabe 1850); Werke in einem Band, herausgegeben von H. Voegt (41983).W. Herbst: J. H. V., 3 Bde. (1872-76, Nachdr. Bern 1970);C. D. Hahn: J. H. V. Leben u. Werk (1977);H. Fröschle: Der Spätaufklärer J. H. V. als Kritiker der dt. Romantik (1985);2) Julius von, Schriftsteller, * Brandenburg an der Havel 24. 8. 1768, ✝ Berlin 1. 11. 1832; Autor zahlreicher, im Berliner Kleinbürgermilieu spielender Possen; seine geistreichen Zeit- und Sittenromane sind heute v. a. von kulturhistorischer Bedeutung.Ausgabe: Die Eintagsliteratur in der Goethezeit. Proben aus dem Werk v. J. v. Voß, herausgegeben von L. L. Albertsen (1975).3) Peter, Rundfunkjournalist, * Hamburg 28. 1. 1941; war ab 1971 Redakteur beim ZDF (ab 1990 stellvertretender Chefredakteur); 1993-98 Intendant des Südwestfunks, seit 1998 des Südwestrundfunks, 1999-2000 Vorsitzender der ARD. Seit 1997 ist Voß Professor an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe.4) Richard, Schriftsteller, * Neu Grape (bei Pyritz) 2. 9. 1851, ✝ Berchtesgaden 10. 6. 1918; nahm 1870/71 am Krieg gegen Frankreich teil (»Visionen eines deutschen Patrioten«, 1874); lebte 1877-1902 als freier Schriftsteller in Frascati bei Rom sowie in Berchtesgaden; war ein zu seiner Zeit sehr beliebter Autor leidenschaftlich-fantasievoller, sentimentaler Unterhaltungsromane (»Zwei Menschen«, 1911), Geschichtsdramen (»Die Patricierin«, 1881) und Sittenstücke.Ausgabe: Ausgewählte Werke, 4 Bände (1922).
Universal-Lexikon. 2012.